Diese Frage bekam ich gestern auf Twitter gestellt. Natürlich gibt es dazu keine allgemeingültige Antwort oder gar eine Art ‚Kochrezept‘. Die Literatur zum Thema ist unübersehbar. Dennoch versuche ich mich an ein paar einfachen Empfehlungen.
Allein die Frage zu stellen ist ein erster wichtiger Schritt. Viele Unternehmen und Führungskräfte machen sich keine Gedanken darüber, ob und wie ein Dialog mit ihren Mitarbeitern (hier und im folgenden verwende ich im Interesse der Lesbarkeit die männliche Formulierung. Gemeint sind immer Männer und Frauen. Bei Ausnahmen weise ich darauf hin.) über Entwicklungsmöglichkeiten Sinn macht, andere halten das für überflüssig. Aber auch für dieses Thema gilt der Spruch von Mark Twain: „Wer nicht genau weiß, wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt.“ Will heißen: wenn Unternehmen und Mitarbeiter keine gemeinsame Vorstellung davon entwickeln, wo und wie der Mitarbeiter seine Fähigkeiten, Potentiale und Neigungen sinnvoll einbringen kann und welche Erwartungen das Unternehmen an ihn hat, dann ist das Risiko recht hoch, dass Ressourcen vergeudet werden, dass Unternehmen und Mitarbeiter sich ‚auseinanderleben‘ und irgendwann trennen – schlicht, dass die Zusammenarbeit ineffizient ist.
Ich empfehle für Potentialgespräche einen dreistufigen Aufbau wie in der Grafik dargestellt:
Zunächst sollte dem Mitarbeiter Gelegenheit gegeben werden, nach innen zu schauen. Er sollte sich seiner Fähigkeiten, Kompetenzen, Erfahrungen und Erfolge sowie seiner Ziele, Interessen, Neigungen und Werte bewusst sein und sie beschreiben können. Dazu gibt es einen Reihe von Tools, z.B. Self Assessment-Instrumente, die sich dafür eignen. Hilfreich ist die Zusammenarbeit mit einem neutralen und erfahrenen Coach oder Berater, der den Erkenntnisprozess und das ‚In-Worte-fassen‘ unterstützt und den Mitarbeiter auf das Gespräch mit seinem Vorgesetzten vorbereitet.
Mit den nachfolgenden Blick nach außen beginnt das eigentliche Potentialentwicklungsgespräch. Das Unternehmen ist in der Regel nicht an der allgemeinen Potentialentwicklung seiner Mitarbeiter interessiert, sondern möchte die Potentiale für sich nutzen, um dadurch den Unternehmenserfolg zu verbessern. Deshalb muss der Mitarbeiter verstehen, welche Ziele das Unternehmen verfolgt, welche Herausforderungen entstehen und welche Fähigkeiten und Kenntnisse die Mitarbeiter haben oder entwickeln sollten, um diese Ziele zu unterstützen und Herausforderungen zu lösen. Ebenso soll er erkennen können, was das Unternehmen ihm im Gegenzug dafür bietet: Aufgaben, Rollen, Verantwortung, Kompensation. In diesem Teil des Gesprächs bekommt der Mitarbeiter also die Gelegenheit, seine eigenen Fähigkeiten und Ziele mit dem Bedarf und dem Angebot des Unternehmens abzugleichen.
Der dritte Teil, also der Blick nach vorne, entspricht einem Zielvereinbarungsgespräch. Vorgesetzter und Mitarbeiter gleichen miteinander auf Augenhöhe ab, wie ihre jeweiligen Erwartungen und Angebote zusammenpassen. Sie erkennen, wo zwischen Angebot und Erwartungen noch Lücken bestehen und besprechen, ob und wie diese Lücken zu füllen sind. Für den Mitarbeiter kann sich daraus ein Entwicklungsplan ableiten, der sicherstellt, dass seine Weiterentwicklung auf einen Bedarf im Unternehmen trifft.
Je flexibler Unternehmen und Mitarbeiter aufeinander eingehen können, je weniger sie sich an formalen Rollen- und Anforderungsbildern orientieren, desto besser gelingt naturgemäß die gemeinsame Weiterentwicklung. Aber das ist wieder ein eigenes Thema.
Bei Fragen zu konkreten Instrumenten oder professioneller Unterstützung lasse ich mich natürlich gerne ansprechen – gerne über das Kommentarfeld im Blog oder per Mail an iseke@rundstedt.de.